Attribution – Wie man aus einem Problem einen Optimierungshebel macht
Das häufigste Problem: Die Bewertungsmethode „Last cookie counts“
Folgende Situation: Unser Klient, ein Online-Shop für Baustoffe und Werkzeuge, ist in mehreren Performance-Kanälen aktiv. Search, Display, Facebook, Print und Out of Home. Er hat festgelegt, dass bei seinen Performance-Kampagnen die „Last-Cookie-Counts-Methode“ angewendet werden soll.
Nehmen wir einmal an, ein User ist in einem Social Media Netzwerk unterwegs und sieht eine Anzeige des Online-Shops mit einem Akku-Bohrer. Der User denkt sich, dass er einen Akku-Bohrer eigentlich gerade gut brauchen kann. Er beginnt zu suchen. Er gibt auf Google „Akku-Bohrer“ ein und bekommt eine Auswahl an Online-Shops, die so etwas im Repertoire haben. Er klickt auf die Anzeige unseres Klienten. Er schaut sich im Online-Shop um, kauft aber noch nichts, denn Vergleiche sind heute ja das A und O. Daher stöbert er weiter im Netz. Bei seinem Besuch im Online-Shop des Baustoff-Marktes hat der User einen Cookie von uns bekommen und wir können ihm auf seinem Weg durch das Netz immer wieder den Akkubohrer samt der Marke unseres Klienten über Displaybanner zeigen. So vergisst er weder Produkt noch Marke.
Einen Tag nachdem der User im Online-Shop war, erinnert er sich, dass er ja noch den Akkubohrer kaufen wollte. Er erinnert sich an den Banner, den er gestern ein paar Mal gesehen hat und sucht bei Google erneut, diesmal direkt nach dem Online-Shop unseres Klienten. Er wählt im Shop den Akkubohrer aus und kauft.
In diesem Fall würde die Conversion, entsprechend der Last-Cookie-Counts-Methode mit 100% dem Search-Kanal zugeordnet werden. Weder der Social Media noch der Display-Kanal wäre für diesen Kauf relevant in der Performanceanalyse. Würde unser Klient anhand dieses einen Falles seine Performanceausgaben optimieren, müsste er den Social Media- und Display-Kanal abschalten, da diese nicht im letzten Schritt an der Conversion beteiligt waren. Doch ist sichergestellt, dass die Conversion auch stattgefunden hätte, wenn der User die Banner am Vortag auf dem Weg durch das Netz nicht gesehen hätte? Ganz klar: Das kann man nicht wissen.
Die einzelnen Kanäle zahlen aufeinander ein
In unserem Beispiel würde der Baustoffanbieter die Kanäle Display uns Social abschalten, obwohl die Kanäle Einfluss auf die Conversion genommen haben. Wenn der User die Displaybanner nicht gesehen hätte, hätte er vielleicht nicht bei Google nach diesem bestimmten Online-Shop gesucht. Der Displaykanal hat demnach auf den Search-Kanal eingezahlt. Würde der Displaykanal jetzt konsequenterweise abgeschaltet, könnte das Suchvolumen für den Onlineshop negativ beeinflussen. Umgekehrt kann auch Search einen Einfluss auf Display haben. Wenn der User generisch sucht, den Shop in der Ergebnisliste sieht, klickt und dann im Nachgang einen Retargetingbanner gezeigt bekommt und darüber kauft. Daher ist es für jeden Werbetreibenden wichtig, die gesamte Customer Journey seiner Kunden anzuschauen und zu analysieren. Dabei muss detailliert betrachtet werden, welche Kanäle „vorbereitend“ für eine Conversion sind und welche „auslösend“. Somit wird sichtbar, welcher Kanal auf welchen einzahlt, bzw. welche Synergien hierbei entstehen.
Die Gewichtung ist der Schlüssel
Und hier beginnt die große Herausforderung. Woher soll er wissen, wie stark welcher Kanal auf eine Conversion einwirkt? Die Antwort: wissen kann er das nicht. Wie so oft im Marketing gilt auch hier der Leitsatz: durch Testen zum Besten.
Und hier kommt die Gewichtung ins Spiel. Haben wir, wie oben erwähnt, 3 digitale Kanäle (OoH und Print vernachlässigen wir der Einfachheit halber in dieser Betrachtung), kann jeder Kanal von Beginn an erst einmal gleich gewichtet werden, in unserem Fall jeder mit 33,33%.
Auf diese Weise kann man während eines Kampagnenzeitraums analysieren, welche Kanäle am stärksten an Conversions beteiligt sind und welcher Kanal am häufigsten eine Conversion ausgelöst hat. Auf der Basis dieser Daten können wir mit der Optimierung beginnen.
Nehmen wir folgende Ergebnisse der Kampagne an:
Wir sehen, dass Search in wenigen Fällen der Erstkontakt ist, aber stark im Abschluss. Social Media dagegen scheint ein guter Kanal zu sein, um Performance vorzubereiten. Display ist in unserem Fall mehrheitlich der zweite Kontakt, wie es oft bei Retargetingkampagnen der Fall ist.
Würden wir jetzt auf herkömmliche Art und Weise optimieren (last cookie counts), müssten wir Social Media als Erstes abschalten und das frei gewordene Budget in Search stecken. Doch mehr Budget im Search-Kanal bedeutet nicht automatisch, dass auch gleichzeitig mehr Suchanfragen entstehen oder wir den CPC halten können. Daher ist die strategisch geschicktere Lösung Social Media mehr Budget zu geben, da dieser Kanal oft der Erstkontakt mit der Marke ist und so zu Suchanfragen führt. Durch eine Steigerung der Suchanfragen, kann dann der Search-Kanal weiter skaliert werden. Hierbei ist es jetzt enorm wichtig zu analysieren, ab wann der Break-Even-Punkt erreicht ist und die Kosten für die Generierung einer weiteren Suchanfrage durch Social Media die Kosten für die Conversion im Search-Kanal übersteigen.
Der gängige Ansatz ist, die Gewichtung der Kanäle global, d. h. über alle Kanäle, anzuwenden. Eine detaillierte Kanalbetrachtung kann aber durchaus sinnvoller sein. Wenn wir uns den Search-Kanal separat ansehen, könnte eine Gewichtung folgendermaßen aussehen:
Das bedeutet, immer dann, wenn eine Conversion über Search abgeschlossen wird, bekommt der Kanal Social Media 30% des Conversion-Wertes und Display 20%. So wird die vorbereitende Wirkung der Kanäle Display und Social Media berücksichtigt und die Kanäle werden in der Optimierung ganz anders behandelt.
Dieser Gewichtungsansatz sollte über alle genutzten Kanäle angewendet werden. Hier noch Gewichtungen für unser o. g. Beispiel für die Kanäle Social Media und Display:
Der Ansatz jeden Kanal zunächst einzeln zu gewichten ist initial zeitaufwendig. Dennoch ist es lohnenswert, weil detaillierte Aussagen über die einzelnen Kanäle möglich sind und daraus eine valide globale Gewichtung erarbeitet werden kann. Das führt dazu, dass sich das eingesetzte Budget auf die Kanäle effizienter einsetzen lässt und somit zu einer stärkeren Performance in der Kampagne führt. Individuelle Attributionsmodelle sollten daher bei jedem, der im Internet erfolgreich verkaufen will, ein Thema sein.
Quellen:
http://traffic3.net/wissen/adwords/conversion-pfad-attributionsmodelle
https://e-commerce-blog.de/kurz-erklaert-attributionsmodelle/