Design Thinking – Verrückten Ideen Flügel verleihen
Wenn wir Lösungsansätze entwickeln, fällen wir meist schnell ein Urteil über die Ergebnisse. Die Ansätze begeistern uns nicht von Beginn an oder erscheinen abgehoben und nicht machbar. Doch erfolgreiche Unternehmen zeigen, dass besonders diese von vorneherein ausgeschlossenen Gedanken Grundlagen für großartige Lösungen sein können. Wir zeigen heute, wie man vorschnelle Urteile verhindern und das Beste aus Ideen herausholen kann.
Der Hintergrund
Design Thinking basiert auf dem Grundsatz, dass Probleme effektiver gelöst werden, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Dafür entwickeln sie zunächst eine Fragestellung, welche auf die Bedürfnisse und Motivationen von Menschen eingeht, und dann Konzepte, die iterativ geprüft werden. Dabei werden mehrere Phasen durchwandert, die man aber zum Teil nach Belieben übergehen kann. Auch kann man jederzeit in eine vorige Phase zurückwechseln.
In jeder dieser Phasen gibt es verschiedenste Methoden, die man anwenden kann. Im Folgenden möchten wir speziell für die Ideenfindung einige mögliche Methoden kurz vorstellen.
Paradox ist, dass man bei der Ideenfindung eigentlich nichts falsch machen kann. Dennoch neigen gerade an dieser Stelle die meisten zu einem fatalen Fehler: Dem vorschnellen Urteil. Es ist nur menschlich. Dieses schnelle Urteil ist einer der Gründe, weswegen der Mensch sich so schnell entwickelt hat. Für einen Steinzeitmenschen wäre es unklug gewesen bei einem Treffen mit einem Säbelzahntiger zunächst objektiv abzuwägen, ob das Knurren Lebensgefahr bedeutet oder nicht. Er folgt seiner Intuition und seiner Erfahrung. Und das ist gut! Auch im Lebenszyklus eines Projektes ist sie unabdinglich. Doch noch nicht zu Beginn der Ideensammlung.
Da wohl jeder weiß, was Brainstorming und Mindmaps sind, möchten wir an dieser Stelle weniger bekannte, doch großartige Varianten dieser Methoden näher erläutern.
Abstraktion & Beziehungen
Hast du schon mal darüber nachgedacht, was ein Oktopus mit deinem Projekt zu tun hat? Nein? Nun, das könnte sich jetzt ändern! Die hier vorgestellte Technik hilft dabei, einmal „auszuzoomen“ und neue Perspektiven und Ansätze zu finden. Da ein Team so tief in der Materie steckt, fällt dies häufig besonders schwer, weil man sich selbst einen „Ideenkäfig“ baut, der einem sagt, was möglich und was nicht möglich ist.
Bei dieser Technik beginnt man damit, zu einer Fotografie Assoziationen zu suchen. Es kann sich dabei um ein vollständig beliebiges Bild handeln. Je weniger es mit dem Produkt oder Projekt zu tun hat, desto besser, denn so vermeidet man, dass wir in unseren Ideenkäfig zurückfallen. Tiere funktionieren besonders gut, wie ich in meiner Erfahrung festgestellt habe. Nehmen wir also zum Beispiel diesen Oktopus.
Wir setzen uns in kleine Gruppen zusammen, wobei verschiedene Gruppen auch unterschiedliche Bilder bearbeiten können. Als nächstes schreiben wir alles dazu auf, was uns auffällt. Dazu gehören Eigenschaften – auch ganz offensichtliche, wie die Tatsache, dass ein Octopus acht Arme mit Saugnäpfen hat – und Fähigkeiten, wie Verteidigungsstrategien (Tintenwolke) oder Jagdtechniken.
Das Bild ist an dieser Stelle mehr eine Gedankenstütze, es kann sehr gerne auf das eigene Wissen zurückgegriffen werden. Zum Beispiel weiß ich noch, dass der Octopus dafür bekannt ist, dass er drei Herzen hat. Dies kann man ja – zum Glück – auf dem Bild nicht sehen. Dennoch ist es eine Eigenschaft, die ihm zusteht.
Auch ist es keineswegs wichtig, ob es nun alles absolut richtig ist. Wir sind ja keine Meeresbiologen. Solange etwas nicht zu weit vom Thema abweicht, können alle Teammitglieder ihrer Kreativität freien Lauf lassen.
In der zweiten Phase wird die gesamte Liste durchgearbeitet und jeder einzelne Stichpunkt wird auf das Projekt bezogen. Zum Beispiel könnte das Produkt drei Herzfunktionen haben – die dann auch zu nennen wären. Auch wenn einige Merkmale auf der Liste stehen, die scheinbar nicht in Relation gebracht werden können – Dran bleiben! Ihr findet ganz sicher etwas.
Was zunächst sinnlos oder gar albern erscheint, kann hocheffektiv sein, wenn das Projekt noch ganz am Anfang steht und ihr nach USPs sucht, oder euch in einem Problem festgefahren habt und einmal Abstand nötig habt.
Die 6 Hüte-Methode
Unter Designern bereits weit verbreitet, ist diese Methode eine indirekte Weiterentwicklung des klassischen Brainstormings. Sie funktioniert besonders gut, wenn bereits eine Idee oder Problemlösung vorhanden ist, welche vertieft werden soll. Dabei geht es darum, verschiedene Rollen einzunehmen, die mit dem Problem, bzw. mit den möglichen Lösungen unterschiedlich umgehen. Diese Rollen werden in unterschiedlichen Farben markiert, welche nach Vorliebe imaginär oder besser als reale Gegenstände – klassischerweise Hüte – daran erinnern, diese Rolle keinesfalls zu verlassen.
Die verschiedenen Rollen können gemeinsam nacheinander durchgangen werden oder auf die Teilnehmer(-gruppen) aufgeteilt und durchgetauscht werden. Der schwarze Hut sollte jedoch in jedem Fall erst am Ende des Meetings aufgesetzt werden, nur vor dem blauen Hut.
Der weiße Hut steht für analytisches Denken, das Sammeln von Informationen, sowie eine objektive Haltung und die Konzentration auf Tatsachen. Die Rolle dieses Hutes ist zu denken, wie eine Maschine: In Zahlen und Fakten, unabhängig von der eigenen Meinung. Dazu muss sich die Rolle frei machen von Emotionen und Vorurteilen – Das ist deutlich leichter gesagt, als getan. Doch für emotionale Meinungen ist ein anderer Hut gedacht.
Der rote Hut stellt das Gegengewicht zum weißen Hut dar: Diese Rolle versetzt sich tief in seine Gefühle und versucht diese möglichst verständlich zu beschreiben. Dazu können sowohl positive, als auch negative Emotionen (z.B. Euphorie, Ängste, Hoffnungen, Befürchtungen, etc.) gezählt werden, aber auch die persönliche Intuition. Beim roten Hut regiert der Bauch und der Kopf hat Pause.
Dieser Hut beschreibt die kreative Rolle. Er steht für assoziatives Denken, neue Ideen und Weiterentwicklung und dient der Suche nach Alternativen. Mit diesem Ziel ist er berechtigt, über derzeitige (Möglichkeits-)Grenzen hinaus Ideen und Ansätze zu formulieren – Realismus ist für einen anderen Hut!
Die optimistische Rolle des gelben Hutes fokussiert sich auf das Best-Case Szenario. Er stellt sich die Frage, was für Chancen sich bieten und erklärt möglichst objektiv, welche positiven Aspekte ihm auffallen. Weiterhin soll er realistische und erstrebenswerte Ziele formulieren.
Der schwarze Hut ist das direkte Gegenstück zur optimistischen Rolle. Er beschäftigt sich mit Risiken und (möglichen) Problemen. Auch er soll seine Argumente möglichst objektiv vorbringen. Für Ängste ist der rote Hut zuständig. Da der schwarze Hut häufig dazu führt, dass Ideen vorschnell verworfen werden, empfiehlt es sich, zuvor die positive und kreative Rolle anzuhören.
Für die Kontrolle, Moderation und Organisation des Prozesses ist der blaue Hut zuständig. Diese Rolle blickt von der Metaebene auf die Entwicklung des Prozesses hinab und fasst sie zusammen. Auch entscheidet er, welche Hüte erneut aufgesetzt werden sollten, oder ob Hüte übersprungen werden. Diese Rolle kann auch durchgängig von einer Person ausgeführt werden, welche den Moderator der Besprechung sein soll. Dieser erläutert den Teilnehmern die Rolle genau und stimmt sie darauf ein.
Unendliche Möglichkeiten
Diese Methoden sind nur zwei von endlos vielen, die im Design Thinking Prozess Anwendung finden. Dennoch sind sie die, die ich persönlich empfehlen kann.