Erfolgsmessung durch Marketing Attribution Teil 1
Attribution als Entscheidungshilfe für alle Werbetreibenden
Ein Unternehmen, das in Werbung investiert, hat meist in erster Linie das Ziel, Konsumenten das eigene Produkt näher zu bringen. Im modernen Marketing werden die verschiedenen Strategien und Kanäle immer komplexer, die Möglichkeiten der Vermarktung sind schier unendlich. Es ist also umso wichtiger, den Überblick zu behalten und den Erfolg der gewählten Vermarktungsstrategie umfassend auszuwerten, um eine solide Entscheidungsgrundlage für künftige Werbemaßnahmen zu erhalten.
Besonders in der digitalen Welt lassen sich Kampagnen gut datenbasiert auswerten. Zwar messen diverse Tools bei Onlinenkampagnen fleißig mit und Unternehmen sammeln fleißig allerlei Daten. Doch zu selten werden aus diesen Daten konkrete Learnings abgeleitet. Es stellen sich Fragen wie „Welche Maßnahme hat am meisten zum Erfolg beigetragen?“ oder „Wie kann ich meinen Budgeteinsatz optimieren?“. Das bloße Sammeln von Daten hilft hier wenig weiter. Um notwendige Einsichten zu erlangen, bedarf es umfassender Analysen.
Was ist Marketing Attribution eigentlich
Marketing Attribution bezeichnet einen Prozess, der relevante Berührungspunkte (Touchpoints) eines Kunden entlang der Customer Journey identifiziert und anschließend bewertet. Man geht hierbei davon aus, dass das Modell „Last Cookie wins“ nicht mehr zutrifft, sondern eine Kaufentscheidung das Resultat einer Vielzahl von Werbeschaltungen ist. Ein User hatte in der Regel eine Reihe von Kontakten mit unterschiedlichen Werbemitteln und Kanälen bevor er letztendlich einen Kauf tätigt. So kann er beispielsweise zuerst ein Display Ad gesehen haben, hat dann auf eine Facebook Anzeige geklickt und gelangte dann wieder durch eine Google Anzeige zurück auf die Webseite.
Eine Studie aus dem vergangenen Jahr für den DACH Raum zeigt auf, dass die durchschnittliche Anzahl der Touchpoints im Laufe einer Customer Journey bei 20 liegt (Quelle: W&V).
Die Marketing Attribution hilft Werbetreibenden nun dabei herauszufinden, wie groß der Einfluss der einzelnen Touchpoints auf den eigentlichen Kauf (oder ein anderes gesetztes Ziel) tatsächlich war. hierfür werden die einzelnen Werbekontakte systematisch eingeteilt und bewertet. Hierbei können unterschiedliche Modelle zum Einsatz kommen.
Attributionsmodelle und ihre Vor- und Nachteile
Für den Klassifizierungsprozess in der Marketing Attribution gibt es zwei unterschiedliche Methoden:
Regelbasierte Attribution
- vorgegebene Regelsätze
- im Voraus festgelegte Gewichtung
- Wertigkeit wird vom Werbetreibenden festgelegt
- einfach, jedoch manipulierte Ergebnisse
- liefert erste Antworten
Datengetriebene Attribution
- berechnete Bewertung
- Gewichtung durch mathematische Algorithmen
- beruht auf einer Vielzahl von Datensätzen
- komplex, jedoch genaue Ergebnisse
- macht Veränderungen sichtbar, künftige Maßnahmen können abgeleitet werden
Modelle der Regelbasierten Attribution
In der Praxis kommen vor allem und meistens die unterschiedlichen Modelle der regelbasierten Attribution zum Einsatz:
Last Touch: Die Zielerreichung wird komplett dem letzten Kontaktpunkt zugeschrieben. Dieses Modell ist leicht aufzusetzen, ignoriert jedoch die Möglichkeit, dass vorrangige Touchpoints einen möglichen Einfluss den User hatten. Das Modell konzentriert sich nur auf den letzten Part der Customer Journey.
First Touch: Hier wird die Conversion dem ersten Kontakt zugeschrieben, obwohl zwischen der ersten Berührung und der tatsächlichen Conversion möglicherweise noch einige weitere Touchpoints liegen. Geeignet ist dieses Modell vor allem für Branding-Maßnahmen. Es gibt jedoch keine Auskunft darüber, welche Maßnahme den User schlussendlich überzeugt hat.
Lineare Attribution: Zwischen allen Berührungspunkten wird eine generierte Conversion aufgeteilt. Hier werden zwar alle Kontakte in Betracht gezogen, es wird jedoch nicht zwischen High-Performing und Low-Performing Touchpoints unterschieden.
Postition-Based Atribution: Man weist die größten Anteile an der Conversion dem ersten und letzten Kontakt zu. Der Rest dividiert sich durch alle Touchpoints dazwischen. Zwar schreibt man allen Berührungspunkten eine Wertigkeit zu, jedoch besteht die Möglichkeit, dass durch die überproportionale Erfolgszuschreibung an First und Last Touch eine Fehlinterpretation der tatsächlichen Wertigkeiten abgeleitet wird. Dieses Modell bezeichnet man auch als Badewanne.
Time Decay Attribution: Hierbei teilt man den Erfolg im zeitlichen Verlauf auf. Je näher ein Kontakt an der Conversion ist, desto größer ist der Anteil, den man ihm zuschreibt. Durch diese Betrachtung lassen sich sowohl Maßnahmen herauskristallisieren, die zur Conversion führen, als auch jene, die eher eine Assistenz-Funktion besitzen. Die Gefahr besteht jedoch, dass man wertvolle Kontakte, die zu früh in der Customer Journey stattfanden zu gering bewertet.
Custom Attribution: Bei diesem Modell legt man den Erfolgsanteil individuell, für das eigene Unternehmen passend, fest. Das Custom Modell spiegelt die Customer Journey gut wieder, kann jedoch im Set-Up und Zeitmanagement sehr komplex sein.
Touchpoints im regelbasierten Attributionsmodell
Als Touch oder Kontakt wertet man bei den Attributionsmodellen jede Berührung mit einem Werbemittel. Diese Berührung kann für den User unbewusst geschehen. So ist ein Touch ein Klick, der zu einer Landingpage leitet ebenso wie eine Impression, wenn dem User das Werbemittel angezeigt wurde.
Wie lange man eine Conversion rückwirkend einem solchen Kontakt zuordnet, entscheidet unter anderem das eingestellte Attributionsfenster oder auch Lookback Window. Dieses Fenster kann 24 Stunden oder auch 28 Tage lang sein. Findet ein Kauf innerhalb dieses vorab festgelegten Zeitfensters statt, wird die Conversion (z.B. im Falle des Last Touch Modells) dem letzten Kontakt zu 100% zugeordnet, obwohl dieser Touch schon bis zu 28 Tage her ist.
Für welches Lookback Window man sich hier entscheidet, hängt vor allem vom Produkt, der Branche und von der Länge der Kaufentscheidungsphase ab. Verkauft ein Unternehmen Schuhe oder ähnliche Produkte, benötigen Konsumenten meist weniger Zeit bis zur Kaufentscheidung. Der Kauf eines Produktes hat dann tendenziell eher weniger mit einem Werbemittelkontakt vor 28 Tagen zu tun. Geht es jedoch um eine Branche, in welcher Kunden eine längere Entscheidungsdauer aufweisen, beispielsweise beim Autokauf, ist es sinnvoll, länger zurückzublicken.
Obwohl die einzelnen Berührungspunkte in jedem Modell andere Wertigkeiten zugeschrieben bekommen, basiert jedes regelbasierte Attributionsmodell auf einer subjektiven Einschätzung des Werbetreibenden. Die Regeln werden im Voraus festgelegt, somit ist das Ergebnis des wertvollsten Kontaktpunkts bereits vor Kampagnenstart bekannt.
Die datenbasierte Attribution
Die datenbasierte Attribution hat gegenüber der regelbasierten den Vorteil, dass sie objektiver ist. Hier hat der Werbetreibende nicht die Möglichkeit, einem Touchpoint selbständig einen besonderen Stellenwert zuzuweisen. Die Ergebnisse beruhen auf rein mathematischen, situationsbasierten Berechnungen, die jede Interaktion und jeden Touchpoint des Users miteinbeziehen. Sowohl Informationen über erfolgreiche als auch weniger erfolgreiche Maßnahmen können so ausgelesen und für künftige Kampagnenplanungen und -optimierungen herangezogen werden.
Es bleibt allerdings oft ein Zweifel bestehen, denn es stellt sich die Frage, wie wertfrei der jeweils herangezogene Algorithmus tatsächlich arbeitet. Es besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass einige Anbieter von Attributionstools, die selbst auch Marketingkanäle betreiben oder Kooperationen mit Facebook oder Google haben, die eigenen Kanäle besser darstellen, als es tatsächlich der Fall ist.
Fazit
Unabhängig davon, welches Modell und welche Methode man wählt: in der Marketing Attribution geht es vor allem darum, Zusammenhänge zu verstehen und Erklärungen für bestimmte Ergebnisse zu finden. Die Attribution hilft Werbetreibenden dabei, mehr über Kunden und ihre Handlungen zu lernen, mögliche Probleme zu identifizieren und effektive Marketing Strategien zu entwickeln.
Auch in Punkto Effizienz bietet der Einsatz eines Attributionsmodells erhebliche Vorteile. Denn so kann man jeden einzelnen Kontakt und somit die gesamte Maßnahme auf ihre Profitabilität überprüfen. Unternehmen können mit Hilfe der Attribution ihre Budgets und Kosten effektiver verteilen und aus jeder Kampagne Erkenntnisse gewinnen, von der wiederum die nächste Kampagne profitiert.
Welches Modell am geeignetsten für das eigene Unternehmen ist, hängt vor allem von den eigenen Anforderungen und Zielen, aber auch von den mitgebrachten Ressourcen sowie vom Produkt selbst ab. Hier ist häufig eine externe Beratung empfehlenswert. Ob komplex oder einfach gestaltet, Analysemethoden sind der einzige Weg, um den eigenen Marketing Aufwand auf seine Effektivität zu überprüfen. Somit ist der Einsatz gleich welchen Attributionsmodells auf jeden Fall zu empfehlen. Es gilt: Jedes Attributionsmodell ist besser als gar keines.
In Teil zwei unserer Reihe gehen wir genauer auf die datengetriebene Attribution ein.