Stichwort Attribution – der heilige Gral des Marketings oder doch nur Humbug?

Attribution Geschrieben von Thomas Petroczi

In unserer Reihe zum Thema Attribution haben wir verschiedene Modelle und das Tool Facebook Attribution vorgestellt. Heute beschäftigen wir uns mit der Frage, ob Marketing Attribution überhaupt halten kann, was sie verspricht.

Thomas Petroczi

Stichwort Attribution – der heilige Gral des Marketings oder doch nur Humbug?

Attribution ist derzeit in aller Munde. Die Erwartungen und Hoffnungen, die Werbewirkung einzelner Kanäle besser verstehen zu können, sind hoch. Doch hält das Thema was es verspricht? Thomas Petroczi beleuchtet das Thema kritisch und beschreibt, was es zu beachten gilt.

Marketing Attribution – was steckt dahinter?

Marketing Attribution hat die übergeordneten Ziele, die Werbewirkung einzelner Kanäle sowie den Kaufentscheidungsprozess des Users besser zu verstehen. Es handelt sich dabei um ein Instrument, das es ermöglichen soll, Mediabudgets effizienter und effektiver verteilen zu können. Kurz gesagt: Welche Kanäle und vor allem welche Werbemittelkontakte generieren einen tatsächlichen Mehrwert für ein Unternehmen?

Vereinfacht misst man jeden einzelnen Werbekontakt eines Users (v.a. Sichtkontakte und Klicks) und ordnet ihn einer anonymisierten ID zu. Erreicht der User bzw. die ID dann das vorab definierte Ziel (z.B. ein Kauf auf einer Website), kann man theoretisch abbilden, welche konkreten Kontakte dieser Zielerreichung vorhergingen. Hier verbirgt sich ein immenses Potenzial für Werbetreibende. Endlich können wir jene Fragen beantworten, an denen schon Henry Ford verzweifelt ist („Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“).

Hört sich zu schön an um wahr zu sein? Ist es leider irgendwie auch – denn auch Marketing Attribution hat mit ein paar Stolpersteinen zu kämpfen.

Stolperstein 1: Eine holistische Betrachtung ist nicht möglich!

Idealerweise kann man, wie beschrieben, jeden Kontakt tracken und einer ID zuweisen. Dies ist jedoch nicht immer möglich. Hinderlich ist, dass sich die großen Player am Markt gegenseitig blockieren. So kann man z.B. nicht über alle Attributions-Tools SEA Impressions messen. Bei anderen Tools gibt es wiederum Probleme, Impressions aus dem Facebook-Universum vollständig abzubilden.

Zudem ist es derzeit kaum möglich, Werbekontakte geräte- bzw. browserübergreifend derselben ID zuzuordnen. Zwar wird hier verstärkt mit statistischen Modellen gegengearbeitet, ein vollständiges Abbild der Realität ergibt sich dabei jedoch nicht. Auch der Einfluss von Offline und Word-of-Mouth Marketing bleibt oft unberücksichtigt.

Stolperstein 2: Die Wahl des Attributionsmodells verzerrt die Realität!

Generell unterscheidet man zwischen statischen und dynamischen Attributionsmodellen. Statische Modelle folgen einem fixen, vom Menschen definierten Regelwerk. Dieses legt fest, welcher Werbekontakt wie stark gewichtet wird. Allein diese Entscheidung ist subjektiv und beeinflusst dadurch indirekt zukünftige Ergebnisse.

Auf der anderen Seite stehen dynamische Modelle von Anbietern wie Google oder Facebook. Hier arbeiten im Hintergrund Algorithmen, die dynamisch und durch Machine Learning gefüttert entscheiden, welcher Werbekontakt welche Gewichtung erhält. Dass die Toolanbieter meist auch ein eigenes Werbenetzwerk besitzen und die eigenen Werbekontakte möglicherweise stärker gewichten, ist zwar reine Spekulation, aber naheliegend.

Stolperstein 3: Es gibt nicht die eine, wahre Customer Journey!

Attribution ist immer auch mit Verallgemeinerung verbunden und verleitet zum Tunnelblick. Generierte Learnings wie „Kanal X funktioniert besser als Kanal Y“ gelten vielleicht für den Großteil der Bestandskunden. Dennoch ist quasi jede Customer Journey einzigartig. Oft wird etwa gerade die Analyse der einzelnen, abgebrochenen Journeys stiefmütterlich behandelt, obwohl hier das größte Neukundenpotenzial schlummert.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass ein sauber aufgesetztes Attributionsmodell dabei helfen kann, Werbewirkung besser zu verstehen. Es ist jedoch ein Instrument, bei dessen Nutzung man Kompromisse eingehen muss. Zudem ist keine hundertprozentig objektive Betrachtungsweise gegeben. Unerlässlich sind daher die reflektierte Betrachtung der Ergebnisse sowie das Hinzuziehen anderer Evaluierungsinstrumente. Zu klären ist abschließend, wer die Verantwortung für dieses Thema trägt – Agentur oder Werbetreibender?

In erster Linie ist Attribution Unternehmenssache! Die Aufgabe einer Agentur ist es, Optionen aufzuzeigen, Prozesse begleitend zu unterstützen und vor allem die Rolle des kritischen Betrachters einzunehmen. Ihr seid anderer Meinung? Dann lasst es uns gerne wissen!