Die Werbung von Morgen. Sehen, hören – fühlen?

Development Geschrieben von Rudolf Uivari

Developmentherausforderungen der Zukunft: Mit Leap Motion und Oculus Rift durch die virtuelle Einkaufstour. Der Release der Oculus Rift, ein Head-Mounted Display für die Darstellung von virtuellen Inhalten, ist für das erste Quartal 2016 angekündigt und könnte die neue Spielwiese für Programmierer, Tüftler und Werbeagenturen werden. In diesem Artikel soll anhand eines kurzen Beispielszenarios aufgezeigt werden, was mit einer solchen Technologie in der Theorie möglich wäre und welche Herausforderungen für zukünftige Entwickler entstehen.

Rudolf Uivari

Specialist Conversion Optimization

Die Werbung von Morgen. Sehen, hören – fühlen?

Visionen der Vergangenheit mit der Technologie von heute

Als 2012 auf der gamescom in Köln zum ersten Mal die Oculus Rift vorgestellt wurde, konnten einige wahrhaftig ihren Augen nicht trauen. Die Wunschvorstellung eines Tages im heimischen Wohnzimmer in eine virtuelle Welt abzutauchen und das Erlebnis nicht nur distanziert vor dem Bildschirm zu betrachten, kam mit der Veröffentlichung des Head-Mounted Displays der Realität erneut ein kleines Stückchen näher. Dabei war weder die Idee noch deren Umsetzung neu. Ambitionierte Projekte verschiedener Videospielhersteller gab es bereits in den 90iger Jahren. Sie waren aber alle durch das eher ernüchternde Erlebnis und die immensen Entwicklungs- und Produktionskosten, die durch die geringe Nachfrage nicht gedeckt werden konnten, zum Scheitern verurteilt.

Aber die virtuelle Realität ist in anderen Branchen längst etabliert und findet als Simulationsinstrument in einer Vielzahl an Bereichen Anwendung. Vom Flugsimulator für die Ausbildung zukünftiger Piloten, bis hin zur Nachbildung einer Notoperation für Medizinstudenten gibt es unzählige Beispiele, in denen sich die virtuelle Repräsentation der Wirklichkeit als durchaus lohnend erwiesen hat. Die Erfinder der Oculus hatten es sich – im Gegensatz zu ihren Vorgängern – von vornherein zum Ziel gesetzt ein bezahlbares System zu entwickeln und nicht um jeden Preis die perfekte virtuelle Realität abzubilden.

Nun sind seit der ersten Präsentation drei Jahre vergangen und bis heute ist das Head-Mounted Display noch immer nicht auf dem Markt, der Hype der aber dadurch ausgelöst wurde, hat seine Kreise gezogen und weitere Hersteller auf das Parkett geladen. Microsoft versucht es mit seiner Augmented Reality Lösung HoloLens, Sony mit seinem Projekt Morpheus, Google mit dem Cardboard und Zeiss mit seiner VR One. Wobei die Letzten beiden einen sehr interessanten Ansatz verfolgen. Anstatt eines fest verbauten Displays zu benutzen, sollen Smartphones dafür verwendet werden.

VR nur für Videospiele und Simulationen?

Zu Beginn war sicherlich die Videospielbranche einer der größten Befürworter und Unterstützer der bereits tot geglaubten Idee einer virtuellen Welt für den privaten Markt. Schließlich wurde das Projekt über Kickstarter hauptsächlich durch die Gamescommunity finanziert. Doch spätestens seit der Übernahme durch Facebook sollte klargestellt sein, dass sich die Möglichkeiten einer virtuellen Welt in keiner Weise nur auf den Videospielemarkt beschränken.

Zwar sind die Möglichkeiten, die eine solche Technologie bereit hält, noch in ihrer Experimentierphase, dennoch lassen sich zukünftige Szenarien bereits in der Theorie betrachten. Wie wäre es denn mit einer virtuellen Einkaufstour, in der sich der Kunde nicht durch den Einkaufsdschungel schlagen muss? Nun es stimmt, auch heute kann man sich bequem von zu Hause aus alle Produkte liefern lassen, die das Herz begehrt. Die Präsentation beschränkt sich dabei allerdings auf recht plakative Produktseiten, die dem Kunden lediglich eine paar hübsche Produktbilder und vielleicht noch eine gelungene dreidimensional angehauchte Darstellung anbieten. Sie sind aber nicht mit der Vorstellung vergleichbar, das Produkt aus allen Winkeln zu begutachten, um das Produkt herumzulaufen oder sich im Falle z. B. eines Automobils sogar in das Cockpit zu setzen. Produkte aber auch Dienstleistungen könnten in einer bisher nicht dagewesenen Art und Weise präsentiert werden.

Sehen ist toll, fühlen wäre besser!

In Erfahrungsberichten über das Erlebnis mit dem VR Headset wird das Gefühl, tatsächlich in dieser virtuellen Welt zu stecken, als sehr gelungen empfunden, obwohl es bei längerer Benutzung noch zu Problemen und aufkommender Übelkeit kommen kann. Ein Grund dafür ist die unnatürliche Steuerung seines virtuellen Pendants. Der Kopf ist mitten im Geschehen, der Körper allerdings nicht. Noch ist es nicht problemlos möglich, sich frei zu bewegen und so die Kluft zwischen virtueller und realer Welt auf ein Minimum zu beschränken, um somit die größtmögliche Immersion zu erreichen.

Doch auch in diesem Bereich bleibt die Entwicklung nicht auf der Stelle stehen und experimentierfreudige Ingenieure arbeiten an einer Vielzahl unterschiedlicher Auswege aus diesem Problemfeld. Als ein Beispiel soll hier die Leap Motion Erwähnung finden. Ein kleiner Sensor, der frei positioniert werden kann und es dem Verwender durch Gestensteuerung mit seiner Hand erlaubt, das Geschehen zu kontrollieren. Dadurch könnte sich das Erlebnis deutlich realer anfühlen und der Benutzer mit den ihm vorgestellten Produkten interagieren. Da die Entwickler der Leap Motion ebenfalls von der Veröffentlichung der Oculus begeistert waren, entstand sogleich eine Kooperation beider Unternehmen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass leider auch die Leap Motion noch weit von der Perfektion entfernt ist, die Gestensteuerung aber bereits sehr gut funktioniert.
Doch neue Technik bedeutet auch immer neue Herausforderungen für die Menschen, die hinter der Technik stehen.

Aussichten für zukünftige Entwickler

Für viele Programmierer ist es gang und gäbe – oder zumindest sollte es so sein – sich nicht auf einem aktuell funktionierenden Konzept auszuruhen und an alternden Konventionen festzuhalten. Dennoch würden sich durch die Symbiose von Animation, Webentwicklung, Produktmarketing und Motions-Sense Entwicklung sowohl einige neue Möglichkeiten als auch Hindernisse auftun.

Wie lassen sich die Arbeitsabläufe optimal koordinieren und sollte in jeder IT Abteilung künftig ein Animateur zur Verfügung stehen? Entstehen womöglich neue Teilgebiete in der Vermarktung, für die eigens engagierte Spezialisten notwendig sind? Wie lassen sich aufwendig gestaltete virtuelle Szenen auf ein Minimum an Datenumfang reduzieren, denn schließlich möchte kein Konsument eine gefühlte Ewigkeit auf die Einkaufstour warten?

Letztlich werden sich einige Programmierer früher oder später mit diesen Themen auseinandersetzen müssen, denn wie zuvor aufgezeigt, wird der Einsatz sich nicht auf einen Markt beschränken. Es braucht fähige Köpfe, die den Webauftritt für eine dreidimensionale Präsentation fit machen können. Es benötigt den Animateur für die Erstellung der virtuellen Umgebung, die Webentwickler zur Einbindung ins Netz und die Marketingstrategen, die sich ein vollkommen neues Konzept des Productplacements ausdenken müssen. Zusätzlich müssen sich Einsteiger in die neue Welt auch neue Software aneignen, da jede Technik mit seiner eigenen SDK daher kommt. Zurzeit erhält man das Development Kit für die Oculus als auch in Kombination mit der Leap Motion nur in der Beta Version. Die Alpha Versionen sind aber für den Release 2016 angekündigt.

Man darf gespannt sein, in welcher Art und Weise sich die Technik entwickelt, wie viele Mitstreiter noch das Feld betreten und wie gut die Umsetzung letztlich beim Kunden ankommen wird. Designern, Entwicklern und Werbetreibenden stehen bei der Konzeption neuer Vermarktungswege lediglich die technischen Grenzen im Weg, wie es die Geschichte aber zeigt, sind auch die nur ein temporäres Hindernis und könnten in der Zukunft der Vergangenheit angehören.

 

Quellen:
https://www.oculus.com/en-us/
https://www.leapmotion.com/product/vr
https://www.basicthinking.de/blog/2015/09/11/virtual-reality-games/