Google und Backlinks – eine komplizierte Beziehung

Optimization Geschrieben von Christoph Spannagel

Google scheint Backlinks – eines seiner ältesten Arbeitsmittel – immer kritischer zu sehen. Was sollte nach Penguin und Abstrafungsdrohungen beachtet werden?

Dies ist ein archivierter Artikel; erstmals veröffentlicht am 21. August 2012 von Christoph Spannagel.

Christoph Spannagel

Head of Search Engine Optimization

Google und Backlinks – eine komplizierte Beziehung

Backlinks – Googles Arbeitsgrundlage

Als Google 1998 gegründet wurde, nutzte   die neue Suchmaschine ein Kriterium, das bis dahin wenig Beachtung gefunden hat – die Backlinks. Dank Backlinks war es Google möglich einen Index zu erstellen, der innerhalb kürzester Zeit alle bisherigen Suchmaschinen überholte, ohne das Seitenbetreiber ihren Internetauftritt erst mühsam von Hand bei der Suchmaschine anmelden mussten.

Gleichzeitig verstand Google Backlinks im Sinne eines Empfehlungsschreibend. Aus dem Backlink-Profil einer Seite wird mit dem PageRank so einer der geheimnisumwittertsten Rankingfaktoren errechnet. Die Annahme dahinter ist: Wenn jemand bereit ist, auf eine andere Seite zu verlinken, so ist diese wahrscheinlich vertrauenswürdig und stellt relevante Informationen für die Nutzer der eigenen Seite zur Verfügung. Je vertrauenswürdiger und qualitativ hochwertiger eine verlinkende Seite selbst, desto besser ist die Qualität des Links. Links von einer Seite, die ihrerseits einen hohen PageRank besitzt, sind also tendenziell wertvoller als Links von einer Seite mit niedrigem PageRank. Aber auch eine Vielzahl von Links von Seiten mit niedrigem PageRank wirken sich auf eine Seite positiv aus und führen zu einer Steigerung deren Vertrauens.

Massive Manipulation von Backlinks

Googles Bewertungs-Prinzip anhand der Backlink-Struktur ist einfach und nicht zuletzt deshalb äußerst erfolgreich. Gleichzeitig war das System jedoch auch leicht zu täuschen. Weil sich schnell die Erkenntnis herausbildete, dass eine gute Positionierung bei Google für viele Internetseiten geschäftsentscheidend ist, wurde massiv versucht die Anzahl und Qualität eingehender Links und damit indirekt auch den eigenen PageRank zu manipulieren.

In den folgenden Jahren entstanden so ganze Netzwerke aus gekauften Links, Linkfarmen etc. deren ‚Empfehlungsschreiben‘ wertlos waren. Das Backlink-Profil als Rankingfaktor wurde dadurch immer unzuverlässiger und in der Folge litt die Qualität der Suchergebnisse von Google.

Google reagiert mit dem Penguin-Update

Google hat auch in der Vergangenheit mehrfach versucht, das Problem manipulierter Links in Angriff zu nehmen. Die jedoch wahrscheinlich weitreichendsten Änderungen im Suchalgorithmus erfolgten im April 2012 mit dem Penguin-Update. Hierbei handelt es sich um ein Webspam-Update, das unter anderem das Ziel verfolgt, manipulierte Links zu entwerten und diese nicht mehr als Rankingfaktor einzubeziehen. Ungewöhnlich war dabei, dass Google im Rahmen des Updates gezielt den Abbau unnatürlicher Links empfohlen hat. Eine solche Empfehlung gibt Google typischerweise nur im Zuge einer erfolgten oder bevorstehenden Abstrafung und nicht bei einer allgemeinen Anpassung des Suchalgorithmus.

Googles Penguin Update und parallele Entwicklungen

Allem Anschein nach hat Google für das Penguin-Update neue Möglichkeiten gefunden, um unnatürliche Links zu erkennen und in der Folge zu entwerten. Diese Möglichkeit wurde parallel zu den Änderungen im Suchalgorithmus auch anderweitig ausgespielt:

Teils schon kurz vor dem Penguin-Update, teils erst in den Wochen und Monaten danach, erhielten tausende Seitenbetreiber über die Webmaster Tools Post von Google:

„Sehr geehrter Inhaber oder Webmaster von XXXXXXX,

Wir haben festgestellt, dass auf einigen Seiten Ihrer Website eventuell Techniken verwendet werden, die gegen die Webmaster-Richtlinien von Google verstoßen. Suchen Sie insbesondere nach möglicherweise künstlichen oder unnatürlichen Links, die auf Ihre Website verweisen und zur Manipulation von PageRank dienen könnten. Zur unnatürlichen Verlinkung können beispielsweise gekaufte Links, die PageRank weitergeben, oder die Teilnahme an Textlink-Börsen gehören. Wir empfehlen Ihnen, Ihre Website entsprechend unseren Qualitätsrichtlinien zu bearbeiten.
Nachdem Sie die Änderungen vorgenommen haben, stellen Sie einen Antrag auf erneute Überprüfung Ihrer Website.
Sollten Sie unnatürliche Links zu Ihrer Website finden, die Sie nicht steuern oder entfernen können, fügen Sie in Ihrem Antrag auf erneute Überprüfung entsprechende Angaben hinzu.
Falls Sie weitere Fragen zur Lösung dieses Problems haben, besuchen Sie das Webmaster-Hilfeforum.

Mit freundlichen Grüßen Ihr Google Search Quality Team“

Der Hinweis, dass nach einer Anpassung des Backlink-Profils und der Löschung eventueller unnatürlicher Links, eine erneute Überprüfung beantragt werden kann, legt nahe, dass eine Abstrafung der Seite bereits erfolgt ist oder unmittelbar bevorsteht.

Mit Versand der jüngsten Meldungen über die Webmaster Tools, scheint Google nun etwas zurück gerudert zu haben. Offenbar seit dem 23.07. erhalten die betroffenen Seitenbetreiber Mitteilungen, die eine deutlich harmlosere Wortwahl haben:

„We’ve detected that some of the links pointing to your site are using techniques outside Google’s Webmaster Guidelines.
We don’t want to put any trust in links that are artificial or unnatural. We recommend removing any unnatural links to your site.
However, we do realize that some links are outside of your control. As a result, for this specific incident we are taking very targeted action on the unnatural links instead of your site as a whole.
If you are able to remove any of the links, please submit a reconsideration request, including the actions that you took. If you have any questions, please visit our Webmaster Help Forum.“

Interessant ist dabei auch, dass die ursprüngliche Nachricht von Google bei einigen Seitenbetreibern scheinbar aus den Webmaster Tool entfernt wurde und dort nicht mehr aufrufbar ist.

Eine Abstrafung des gesamten Internetauftritts scheint für die Empfänger der aktualisierten Meldung nun nicht mehr im Raum zu stehen. Stattdessen informiert Google darüber, dass Backlinks gezielt entwertet werden. Auch diese Anpassung kann jedoch letztlich zum Verlust bestehender Rankings führen.

Wie sollten Seitenbetreiber jetzt reagieren?

Seitenbetreiber, die die Auswirkungen des Penguin-Updates zu spüren bekommen haben oder über die Webmaster Tools eine Meldung zu ‘unnatürlichen Links‘ erhalten haben sollten nicht überstürzt handeln.

Nachdem Google mit der nachgeschobenen Meldung die Hoffnung weckt, dass eine Abstrafung des gesamten Auftritts eher nicht zu befürchten ist, haben die meisten Empfänger dieser Nachricht wohl keine direkt bevorstehende Abstrafung zu befürchten. Die enthaltene Aufforderung umzusetzen und mit einem sofortigen und massenhaften Abbau von Backlinks zu reagieren, könnte von Google sogar als Schuldeingeständnis gewertet werden und dadurch kontraproduktiv wirken. Ein solches Verhalten deutet auch ein neues Google-Patent an. In diesem beschreibt der Suchmaschinenbetreiber ein Vorgehen, dass Webmaster mit gesteuerten Rankingschwankungen aus der Reserve zu locken versucht, um dadurch gezielte Manipulationen nachzuweisen. Ein ausführlicher Artikel zu dieser Vorgehensweise findet sich auf SEO by the Sea. Sollte Google wie angekündigt selbst Links entwerten wäre hingegen wahrscheinlich nicht mehr verloren, als durch eine selbst herbeigeführte Löschung der entsprechenden Links. Andererseits ist es durchaus wahrscheinlich, dass Google den Kampf gegen unnatürlich erstandene Backlinks in Zukunft noch weiter forciert, so dass ein Abbau von fragwürdigen Links mit Blick auf zukünftige Updates dennoch sinnvoll erscheint. Der Linkabbau sollte dabei schrittweise über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen und einen möglichst organischen Verlauf haben.

Parallel dazu sollten gezielt neue, qualitativ hochwertige Links aufgebaut werden. Mögliche Ansätze sind zum Beispiel die Konzeption, Erstellung und Verbreitung von Infografiken oder anderer attraktiver Inhalte.

Was muss in Zukunft beachtet werden?

Der bisher häufig sehr erfolgreich betriebene Aufbau unnatürlicher Links funktioniert heute nur noch bedingt. Auch Seiten mit einem unnatürlichen Linkprofil, die bisher nicht betroffen sind, müssen damit rechnen, dass eine Neubewertung oder im schlimmsten Fall sogar eine Abstrafung drohen.

Statt Kraft und Geld in den Aufbau fragwürdiger Backlinks zu investieren sollte über neue Strategien nachgedacht werden, die zum Aufbau freiwilliger, organisch gewachsener Links führen. Dafür kann beispielsweise gezielt qualitativ hochwertiger Content erstellt werden. Dies erfordert zwar einen gewissen Aufwand, sorgt aber in der Folge für einen insgesamt attraktiveren Internetauftritt und kann über dadurch generierte Links und Social Signals mittelfristig auch zu einem besseren Ranking führen. Überhaupt muss damit gerechnet werden, dass Informationen aus sozialen Netzwerken zukünftig weit stärker in die Bewertung einer Seite durch Suchmaschinen einfließen. Eine Investition in diese Kanäle zahlt sich also auch hier doppelt aus: Direkt durch die Erschließung eines neuen Kommunikationskanals zum Nutzer und indirekt durch die erwartete Anpassung der Ranking-Faktoren.