Digital Elite Camp – Sonne, Strand und digitales Marketing!

Optimization Geschrieben von Christoph Spannagel

  • Fast 200 Teilnehmer aus 22 Ländern
  • 16 internationale Top-Speaker
  • 3 Tage Conversion-Optimierung, SEO, Content, Analytics, Trafficoptimierung… vom Feinsten
  • Ein gechartertes Spa-Hotel direkt am Strand in Estland
  • Weiße Nächte und zwei Partys

Christoph Spannagel

Head of Search Engine Optimization

Digital Elite Camp – Sonne, Strand und digitales Marketing!

Was macht das Digital Elite Camp so besonders?

Das Digital Elite Camp wirkt in vielen Bereichen auf den Besucher wie ein „How to organize a conference“. Im Vergleich zu den meisten anderen Veranstaltungen ist der große Vorteil, dass – wie der Name schon andeutet – alle Teilnehmer gemeinsam an einem Ort „campen“. Neben den vollgepackten Konferenztagen lebt die Veranstaltung daher vor allem von den vielen Diskussionen, dem Austausch und auch dem gemeinsamen Feiern von 200 Teilnehmern und Speakern, die alle digitale DNA in sich tragen.

Die Veranstalter Peep und Priit haben aber auch an viele Details gedacht, die die Konferenz besonders angenehm gemacht haben: Einen professionellen Note-Taker findet man erschreckend selten auf Veranstaltungen, eine gemeinsame Stadtführung durch Tallinn am Vortag ist ein definitives Plus und Craig Sullivan als DJ kann kaum jemand aufweisen.
Gibt man dann noch die abgeschiedene Location, den Sonnenschein, die Saunalandschaft und die Strandparty dazu sind die Zutaten für eine gelungene Konferenz perfekt.

Auch mitten in der Nacht geht die Sonne kaum ganz unter
Auch mitten in der Nacht geht die Sonne kaum ganz unter

Digital Elite Camp – das haben wir mitgenommen

Natürlich ist das Digital Elite Camp noch viel mehr als nur drei Tage mit netten Leuten am Strand. Für alle die nicht dabei sein konnten haben wir deshalb einige der aus unserer Sicht wichtigsten Punkte aus 16 Sessions – und aus unzähligen Gesprächen – zusammengefasst:

Klarheit konvertiert

Obwohl das Internet eigentlich unbegrenzt Platz haben sollte, streiten sich alle Verantwortlichen im Unternehmen, damit ihre Informationen auf den wenigen besonders relevanten Flächen präsent sind. So entstehen (Start-)Seiten die vollkommen überfrachtet sind, aber auch Newsletter vollgestopft mit zusammenhangslosen Themen.

"The Landing Page Manifesto“ - Oli Gardner
Aus „The Landing Page Manifesto“ – Oli Gardner

Das Problem dabei: Wir überfordern den Nutzer, der häufig gar nicht mehr erkennen kann, was das eigentliche Ziel der Webseite oder Email ist. Oli Gardner zeigt dies sehr schön am Cruise.co.uk. Besucher der Seite müssen sich hier zwischen unzähligen Handlungsoptionen entscheiden – wobei es eigentlich Aufgabe der Seite sein müsste sie zu unterstützen und zu führen. Er spricht von einer Attention Ratio als Verhältnis zwischen Handlungsmöglichkeiten und der Handlung zu der wir den Nutzer eigentlich bringen möchten. Je ausgeglichener das Verhältnis desto besser. Oder in Worten von Oli Gardner:

„The Landing Page Manifesto“ - Oli Gardner
Aus „The Landing Page Manifesto“ – Oli Gardner

Auch in anderen Vorträgen war Klarheit immer wieder ein wichtiges Thema. Unabhängig von der Seitenstruktur gibt es Elemente die Nutzer vom eigentlichen Ziel abhalten können. John Ekman sprach dabei den – derzeit beispielsweise bei AirBnb eingesetzte – Video Hero Shot: “The video hero shot sucks because it distracts from the conversion goal“ und untermauert dies auch mit einer Case-Study die einen Rückgang in Conversions um über 30% belegt. Auch wenn es hier sicher Ausnahmen gibt kann man festhalten: Reduktion auf wesentliche Inhalte unterstützt den Nutzer bei der Navigation und wirkt sich in alle Regel positiv auf die erwünschten Conversionziele aus.

Manchmal sind Prinzipien wichtiger als Testing – und definitiv besser als best practice

Im letzten Abschnitt haben wir bereits so etwas wie ein Prinzip definiert, das sich auf zahlreiche Webseiten anwenden lässt. Grundsätzlich ist das Verständnis von Nutzerverhalten und von Prinzipien der Funktionsweise von Entscheidungen ein mittlerweile unverzichtbarer Bestandteil der Conversion Optimierung. Während jahrelang die Devise galt: Glaube keinem Experten – Teste! (wenn auch mit Experten-Input) findet hier ein Wandel statt. Tatsächlich lassen sich über entsprechende Prinzipien viele Optimierungsschritte und deren Ergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit vorausbestimmen.

Solche Prinzipien ergeben sich teils aus Prägung (wir haben gelernt, wie bestimmte Elemente einer Webseite funktionieren), basieren vielfach aber auch auf psychologischen Grundprinzipien. André Morys nennt hier beispielsweise die Verlustaversion und den Mitläufereffekt als Prinzipien, denen wir uns nicht/kaum entziehen können und die man sich auf der eigenen Seite zunutze machen kann um Besucher zu gewünschten Handlungen zu führen.

Peep Laja ging das Thema noch von einer etwas anderen Richtung an. Er warnt gezielt davor sich an vermeintlichen ‘best practices‘ zu orientieren und somit den Wettbewerb zu kopieren und hat dafür gleich zwei gute Gründe:

Aus “This I Believe - Peep Laja”
Aus “This I Believe – Peep Laja”

Conversion Optimierung bedeutet 2015 also: Weg von ‘best practice‘ und weg von Ausprobieren. Dafür gilt es den Nutzer und sein Verhalten noch viel tiefgründiger zu verstehen und Optimierungen beziehungsweise Testings auf daraus abgeleiteten Prinzipien aufzubauen.

Auch mit wenig Traffic kann man Großes erreichen

Prinzipien und Nutzerverständnis bringen uns gleich zum nächsten großen Thema. Viele Seiten kennen das Problem und gerade in kleineren Ländern – wie dem Gastgeber Estland aber auch bei unseren Kunden in der Schweiz – kommt ein Thema immer wieder auf: Für statistisch signifikantes Testing fehlen schlichtweg Traffic und Conversions. Daraus ergibt sich ein grundsätzliches Problem, denn:

Aus ”Five Building Blocks for Optimizing Low Traffic Sites - Marie Polli”
Aus ”Five Building Blocks for Optimizing Low Traffic Sites – Marie Polli”

Dies bedeutet keinesfalls, dass man nun den Kopf in den Sand stecken muss und keinerlei Optimierungsschritte vornehmen kann. Man muss sie jedoch gegebenenfalls anders angehen. Hier spielen das bereits angesprochene Verständnis für den Nutzer und dessen Verhaltensweisen die primäre Rolle.

Aus ”Five Building Blocks for Optimizing Low Traffic Sites - Marie Polli”
Aus ”Five Building Blocks for Optimizing Low Traffic Sites – Marie Polli”

Marie Polli empfiehlt für die Optimierung von Webseiten mit wenig Traffic daher unter anderem auch gezielt die qualitative Untersuchung von Nutzern durch Befragungen und Interviews. So können die eigenen Nutzer besser kennengelernt und verstanden werden. Hürden und Probleme lassen sich zudem häufig bereits dann erkennen, wenn ein einzelner Nutzer an ihnen scheitert, hier braucht es also nicht immer zehntausend Besucher für wichtige Erkenntnisse.

Wenn wenige Nutzer zur Verfügung stehen ist es darüber hinaus besonders wichtig möglichst viel Datenaufzeichnung und Auswertung zu betreiben und dafür nicht nur die klassische Webanalyse-Software, sondern auch weitere quantitative Analysen wie Mousetracking zu verwenden.

Wenn ein Minimum an Traffic zur Verfügung steht können selbstverständlich auch Testings durchgeführt werden. Auch diese sollten dann jedoch anders geplant werden als dies auf trafficstarken Seiten vielleicht der Fall wäre. Viele kleine Tests ergeben bei geringem Traffic kaum eine relevante Aussage – radikale Veränderungen sorgen hier viel schneller für klare Favoriten.

Innovatives Testing bringt bessere Ergebnisse

Radikale Veränderungen an der Seite waren auch bei anderen Speakern immer wieder Inhalt. Traditionelles Testing bei dem nur einzelne Elemente verändert werden, bringt in aller Regel erwartungsgemäß nur begrenzte und langfristige Resultate – auch wenn diese schon beachtlich sein können. Statt ausschließlich auf iteratives Testing zu setzen ist hier die Empfehlung größeres zu wagen und statt einzelner Elemente auch einfach mal komplette Redesigns oder großflächige Überarbeitungen zu testen. Paul Rouke nennt dies ‘Innovative Testing‘.

Aus “Iterative Versus Innovative Testing - Paul Rouke“
Aus “Iterative Versus Innovative Testing – Paul Rouke“

Damit innovatives Testing funktionieren kann braucht es allerdings einige zusätzliche Voraussetzungen. Ohne ein tiefgreifendes Verständnis der Nutzer ist ein Scheitern des Tests deutlich wahrscheinlicher. Um ein solches zu erreichen helfen weitgreifende Analysen, aber auch Persona-Modelle und Erfahrungen aus vorangegangenen Tests. Definitiv bedeutet innovatives Testing daher höhere Aufwände und man nimmt in Kauf, dass man gegebenenfalls nicht eindeutig zuordnen kann auf welchen Faktor eine Veränderung zurückzuführen ist. Dafür eröffnet sich die Chance auf einen Uplift in Conversions, der mit konservativen Methoden kaum oder nur über einen langen Zeitraum zu erreichen ist. Hier ist Mut gefragt!

Aus “Iterative Versus Innovative Testing - Paul Rouke“
Aus “Iterative Versus Innovative Testing – Paul Rouke“

Nutzer individuell ansprechen

Wir alle kennen das: Wir werden von Informationen, Werbung und Eindrücken überschwemmt. Und gefühlt sind 90% der Dinge, die wir zu sehen bekommen, nicht oder nur bedingt relevant. Um für den Nutzer den Eindruck hilfreicher Information statt nervigem Spam zu hinterlassen, bedarf es einer klaren, individuellen Ausspielung von Information, egal ob in der Display-Werbung, auf der Webseite oder im Newsletter. Ein simples Beispiel: Hat der Nutzer gerade Schuhe bestellt interessiert er sich vermutlich eher für nicht für ein weiteres Paar, nur weil dieses im Webshop derselben Kategorie zugeordnet ist. In per Retargeting, Recommendation-Engine und per individuellem Newsletter direkt darüber anzusprechen ist also vielleicht keine gute Idee. Immerhin wäre es aber besser wie das, was immer noch viele Webseitenbetreiber unter Online-Marketing verstehen: Alle Nutzer erhalten die gleiche Werbung – unabhängig von Ihrer Vorgeschichte und dem Wissen das wir über sie haben oder haben könnten.

Dabei ist eine Reaktion viel wahrscheinlicher, wenn wir Nutzer clever und auf sie abgestimmt ansprechen, wie dies beispielsweise Amazon vormacht:

Aus: "Email Marketing Hacks - Chris Hexton"
Aus: „Email Marketing Hacks – Chris Hexton“

Chris Hexton empfiehlt dazu für jeden Nutzer/Kunden einen Art virtuelle Akte einzurichten, in der alle Aktionen und Kontakte aufgezeichnet werden. Hier gibt es allerdings auch Punkte bei denen man mit deutschen Datenschutzrichtlinien in Konflikt kommen könnte. Liegen noch gar keine individuellen Daten des einzelnen Nutzers vor, so kann man für eine bessere Segmentierung immer noch mit den zahlreichen zur Verfügung stehenden Daten arbeiten. Dabei reicht es häufig nicht, dass man auf generischer Ebene Unterscheidungen trifft. Statt dessen empfiehlt Matt Gershoff verschiedene Cluster soweit als möglich herunterzubrechen um qualitativ bessere Erkenntnisse zu erhalten. Schließlich fließen diese dann wieder zurück in die Optimierung der Seite:

Aus "AB Testing, Predictive Analytics, Behavioral Targeting - Matt Gershoff"
Aus „AB Testing, Predictive Analytics, Behavioral Targeting – Matt Gershoff“

Abschied von Estland

Am Ende bleibt nur eins zu sagen: Vielen Dank für eine fantastische Konferenz – und hoffentlich bis zum nächsten Jahr!