Vom Influencer zum Content Creator

Social Media Geschrieben von Alenka Gauch

Alenka Gauch

Vom Influencer zum Content Creator

Die Welt der Kreation von Content ist stetig im Wandel. Der Begriff „Influencer“ in Bezug auf Social-Media kam in Mitte der 2010er Jahre in den allgemeinen Sprachgebrauch. Er wurde populär, als Social-Media-Plattformen wie Instagram, YouTube und Twitter an Bedeutung gewannen und Personen mit einer grossen Fangemeinde begannen, erheblichen Einfluss auf ihr Publikum zu nehmen.

Der Begriff und der damit hervorgehobene Job sind heute fast jeder Person bekannt, obwohl die Idee des Influencers selbst noch nicht einmal 10 Jahre alt ist. Vor 2016 gab es auf Dictionary.com keine Definition für den Begriff Influencer. Der Begriff existierte natürlich, aber vor 2016 war die Influencer-Kultur, wie wir sie heute kennen, gerade erst im Entstehen. Dies spiegelt sich in den Suchanfragen nach dem Begriff Influencer bei Google wider; das Interesse begann Ende 2015 und ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Doch in den letzten 3-4 Jahren – vor allem in Zeiten der Covid-Pandemie – hat sich eine interessante Kehrtwende vom Begriff des Influencers abgezeichnet. Oft wird die Person – welche sich als Influencer kennzeichnet – mit negativen Stichwörtern wie «fake», «gestellt» und «out of touch» assoziiert. Gleichzeitig mit der Abwertung des Influencers entstand ein neuer Begriff, nämlich der des «Content Creators».

Von der Person zum Content

Was sich sofort beobachten lässt, ist, dass der Begriff eine klare Distanz zur Person herstellt. Im Fokus liegt nicht mehr eine einzelne Person, welche den «Influence» hat, sondern die Kreation/Erstellung des Contents, welche die Zielgruppe zu Gesicht bekommt. Das heisst nicht unbedingt, dass der Content weniger persönlich ist – im Gegenteil wird vielfach diese Form von Content als authentischer gesehen als diejenige des Influencers.

Es ist kein Zufall, dass der Begriff des Content Creators zeitgleich mit dem Aufkommen von TikTok als neuer Social-Media-Plattform der Gen Z gepusht wurde. TikTok als Plattform selbst fokussiert sich stark auf Content und weniger stark auf den Creator. Die «For You» Page ist der zentrale Hotspot der Plattform, auf welchem immer wieder neuer Content von neuen Creators passend auf die jeweilige Person und deren Interessen gezeigt wird.

Der Algorithmus von TikTok ist so stark, dass jede Person mit jeder Form von Content eine riesige Audience auf diesem spezifischen Video gewinnen kann. Jede Person kann also zum Creator werden. Das heisst jedoch nicht immer, dass die Audience von diesem einen Video dann zum Creator übergeht und andere Videos desselben Creators konsumiert. Im Gegenteil – oft bleibt es bei einem «viralen» Video mit Millionen Views, ohne dass der Creator davon profitieren kann. TikTok-Entdeckungen sind also unübertroffen, bauen aber nicht immer eine Gemeinschaft auf.

Deshalb ist es umso spannender zu analysieren, wie und bei wem dieser Übergang funktioniert hat. Im Gegenteil zu den meist gestellten, retuschierten, unerreichbaren Standards, welche durch Influencer vor allem auf Instagram gepusht werden, scheint auf TikTok Authentizität der zentrale Punkt zu sein. Die Gen Z Person auf TikTok – welche mit der perfektionistischen Idee des Influencers aufgewachsen ist – schätzt das Aufzeigen der Realität auf TikTok.

Face-Time Content als Kerninhalt der Content-Creators

Diese Realität zeigt sich in Form einer Art «Begleitung» und weniger als Unterhaltung. Der Creator wird als Freund:in wahrgenommen. Es wird Gesellschaft im Inhalt gesucht bzw. die Zielgruppe sucht Creators, welche ihnen durch ihren Content Gesellschaft leisten. Dies wird auch als «Facetime Content» bezeichnet, aka Content, der von der Form ähnlich ist, als würde man mit einer Freund:in über Facetime kommunizieren. Gute Beispiele hiervon sind «Story Time» oder «Get Ready with me».

Es lässt sich nicht leugnen, dass vor allem auf TikTok eine gewisse niedrige Aufmerksamkeitsspanne herrscht. Aufgrund des vielen Contents kann man sich kaum erinnern, welchen Content man gesehen hat. Umso wichtiger sind ritualisierter Inhalte, auch bekannt als «Series» oder «Serien». Dadurch wird eine Community aufgebaut, welche genau weiss, wann und wohin sie zurückkehren muss, falls sie weitere Videos dieser Series konsumieren will.

Creators & Kollaborationen

Ein weiterer grosser Teil von Influencern sind immer noch die gesponsorten Posts bzw. die «Brand Deals» aka Kollaborationen mit Marken. Witzigerweise sind die meisten Menschen über direkten Abverkauf hinweg bzw. nerven sich über Werbung. Sie wollen nicht immer angeworben werden, nur, um einen Influencer zu unterstützen. Dies scheint auf ersten Blick eine rein «Influencer auf Instagram» Sache zu sein, jedoch dauert es nicht lange, bis man realisiert, wie viele Produkte auch auf TikTok gepushed werden.

Der grosse Unterschied hier ist wieder die Abkopplung der Person. Während Influencer oft in die Kamera sprechen und sich selbst mit dem Produkt inszenieren, wird auf TikTok das Produkt selbst in den Fokus gestellt. Oft auch ohne direkte Verbindung zur Person, die das Produkt vorstellt.

«Unboxings» sind zum Beispiel sehr beliebt. Die Produktvideos auf TikTok sind meistens auf die konsumierende Person fokussiert im Sinn von «Schau, wie toll dieses Produkt ist, welches ich gefunden habe und wie es dein Leben besser machen könnte» oder «dieses günstige Produkt ist besser als dieses teure, spare dein Geld» anstatt «Schau wie dieses Produkt eine Auswirkung auf mein Leben gemacht hat».

Nicht der Creator ist die Hauptperson, sondern die Community, die den Content konsumiert.

Der Fokus scheint darauf zu liegen, dass man sich gegenseitig helfen will. Wie sehr das stimmt und wie sehr es schlussendlich nur ein Abverkauf ist, lässt sich nicht klar definieren. Klar ist jedoch, dass viele TikToks, welche Produkte zeigen, nicht immer direkt als Werbung aufgenommen werden und das ist genau der Schlüsselpunkt – denn gute Werbung soll nicht als Werbung aufgenommen werden.

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