Snapchat oder Instagram? – Das ist hier die Frage!
Snapchat – nicht nur Werbung für den Moment
2015 war Snapchat das am schnellsten wachsende soziale Netzwerk und erregte damit im Marketingbereich grosse Aufmerksamkeit. Vor allem dadurch bekannt geworden, dass einmal geöffnete Snaps nach maximal zehn Sekunden wieder verschwinden, kamen nach und nach weitere Features hinzu. Mit ‹Stories› können Sequenzen aus einzelnen Snaps mit Freunden geteilt werden und über „Discover“ werden News und unterhaltsame Stories von Medien wie VICE, Cosmopolitan oder National Geographic zur Verfügung gestellt.
Was bringt die App?
Kreative Vielfalt: Verschiedenste Filter, Texte, Emojis und Scribbles innerhalb der Snaps sind die Markenzeichen der App. Fotos und Videos werden eher spielerisch erstellt, eine perfekte Inszenierung ist nicht so wichtig. Spontane Stories können schneller produziert werden und erhalten dabei einen authentischen Look.
Erzeugung von Dringlichkeit: Um nichts zu verpassen, rufen User oftmals täglich alle Nachrichten der Personen ab, denen sie folgen. Die Auseinandersetzung mit den Inhalten erfolgt aktiv und bewusst. Darüber hinaus erzeugt die zeitlich begrenzte Verfügbarkeit der Snaps eine Dringlichkeit – ein idealer Mechanismus für Marketingaktionen mit Gutscheincodes oder für klassische Call-to-Actions.
Kommunikation auf Chat-Niveau: Likes, Shares oder Kommentare spielen bei der App keine Rolle. Die Kommunikation findet auf Chat-Niveau statt, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Unternehmen können auf Augenhöhe mit den Followern kommunizieren, was die Markenloyalität stärkt. Dadurch können Interaktionen mit der Marke schneller zustande kommen. Gewinnspielmechanismen wie zum Beispiel das Einsenden von Fotos greifen damit eher.
Werbung über Geofilter: Es gibt aktuell zwei Möglichkeiten, Werbung auf Snapchat zu schalten: Entweder über eine klassische Anzeige innerhalb eines redaktionellen Streams, der „Discover“-Anwendung, oder über einen gesponserten Filter. Letztere Option bietet eine neue Art von Markenplatzierung, bei der die organische Verbreitung quasi garantiert ist. Da Snapchat anhand der GPS-Koordinaten die Filter geografisch aussteuern kann, bietet sich diese Form der Werbung sowohl für globale wie auch sehr regionale Marken an. Voraussetzung ist natürlich auch hier das Verständnis für die Erwartung der Nutzer: ein hoher Unterhaltungswert und ein entsprechend gestaltetes Werbemittel. Leider sind beide Möglichkeiten in der Schweiz zurzeit nur beschränkt buchbar und aufgrund der für den US-amerikanischen Markt konzipierten Preismodelle eher kostspielig für kleinere Märkte.
Und: Die Konkurrenz schläft noch: Eine weitere Besonderheit von Snapchat ist die noch geringe Nutzung durch Unternehmen trotz konstantem Nutzerzuwachs, besonders in der Zielgruppe der Millenials. Wer sich als Early Adapter an die App traut, kann entsprechend Aufmerksamkeit erregen.
Wo muss man aufpassen?
Spontanität statt Konstanz: Durch das Verschwinden des eigenen Contents nach 24 Stunden können Follower nicht wie auf den übrigen sozialen Netzwerken durch die letzten Posts scrollen. Langfristig angelegte Ziele wie zum Beispiel eine konstant hohe Anzahl Views sind so schwierig umzusetzen. Durch die neu eingeführte „Memories“-Funktion können die eigenen Snaps und Stories gespeichert und jederzeit wiederverwendet werden – ein sehr nützliches Update in Hinblick auf höhere Produktionsaufwände. Alte Snaps können allerdings nur mit einem Rahmen „resnappt“ werden, wodurch für die Follower sichtbar ist, dass der Snap wiederverwertet wurde.
Ungenaue Nutzerzahlen: Während es von anderen Social-Media-Plattformen regelmässig detaillierte Informationen zu Nutzerzahlen, -demografie und -verhalten gibt, sind die User-Angaben von Snapchat eher allgemein gehalten und vor allem für die Schweiz noch sehr spärlich und ungenau. Mit ein Grund, weshalb Unternehmen ihre Marketingmassnahmen eher auf andere etablierte Plattformen ausrichten.
Rudimentäre Analytics: Aktuell besteht noch keine Möglichkeit, sich die eigene Follower-Zahl von der App anzeigen zu lassen. Selbst für Basiswerte benötigt man ein kostenpflichtiges Monitoring-Tool. Dabei ist die Schnittstelle (API) der App nicht ausgereift genug, um spezialisierten Dienstleistern die Sammlung umfangreicher Daten zu ermöglichen. Anbieter wie Snaplytics oder Naritiv bieten durch das regelmässige Einloggen in den Unternehmens-Account rudimentäre Zahlen zu Follower-Entwicklung und View-Raten ab. Der Nachteil ist, dass man selber jeweils von Snapchat abgemeldet wird, sobald sich die Tools einloggen, was eine enorme Sicherheitslücke darstellt.
Instagram – nicht nur für hübsch drapiertes Essen
Was kann die App?
Es ist DIE Plattform für ansprechend inszenierte Bilder: Im Gegensatz zu herkömmlichen Produktbildern haben Instagram- Bilder einen stark emotionalen Charakter (zum Beispiel der perfekt gekühlte Latte Macchiato von Starbucks an einem sonnigen Nachmittag im Park). Die App bietet dazu eine ganze Reihe an Bearbeitungsmöglichkeiten, unter anderem eine Vielzahl von Filtern, mit denen Helligkeit, Sättigungsgrad und Ähnliches bearbeitet werden können. Die geposteten Bilder und Videos bleiben für die User verfügbar und können jederzeit abgerufen werden, auch Jahre später. Dadurch entsteht eine Art Markenhistorie, was positiv auf die Markenbindung wirkt. Auch in Anbetracht der hohen Produktionskosten für Content ist dieser Punkt für Unternehmen von Vorteil.
Klickbare Hashtags: Aus Marketingsicht ist der Einsatz von klickbaren Hashtags eine weitere Stärke von Instagram. Dadurch kann die Reichweite von Posts deutlich gesteigert und die Marke mit den Interessen der Nutzer verknüpft werden – ein effektives Mittel, um nicht in der Masse an Inhalten unterzugehen. Im besten Fall initiieren Hashtags sogar ein Gespräch in der Community. So können sich User dank Hashtag-Suche beispielsweise zu einem bestimmten Produkt austauschen (wie etwa #adidassuperstar).
Öffentliche Interaktionen: Werden Posts geliked oder kommentiert, ist dies für alle anderen User sichtbar; die Interaktionen sind öffentlich. Somit werden auch Freunde von Markenfans auf Inhalte aufmerksam gemacht. Die Marke kann sich damit über den Dialog mit der Community positionieren und so wiederum die Markenbindung positiv beeinflussen.
Nähe zu Facebook – Reichweite und Werbeanzeigen: Ein weiterer Pluspunkt ist die Nähe zu Facebook. Zum einen können Inhalte auf beiden Kanälen gespielt werden. Durch Regrams von Userbeiträgen sowie @Mentions auf beiden Plattformen kann Wertschätzung für das gepostete Bild gezeigt und gleichzeitig auch die Fanschar von beispielsweise reichweitenstarken Bloggern erreicht werden. Zum anderen können Instagram-Werbeanzeigen (Foto- oder Video-Ads sowie Carousel-Ads mit unterschiedlichen Conversion-Zielen) über den Facebook Business Manager verwaltet und die entsprechenden Targeting-Optionen genutzt werden. Im Verhältnis ist das nötige Budget bisher noch deutlich geringer als bei Facebook oder auch Snapchat. Auf keinen Fall sollte der kostengünstige Einkauf aber dazu verleiten, bei der Konzeption der Werbemittel zu sparen. Anzeigen, die nicht kanalgerecht aufbereitet oder zu werblich sind, können auf Ablehnung stossen.
Erfolgsmessung möglich: Gerade läuft der Rollout des sogenannten „Business Accounts“. Die Anwendung ermöglicht Unternehmen, die Reichweite ihrer Posts, die Interaktionen sowie die demografischen Angaben zu ihren Followern zu analysieren.
Worauf muss man achten?
Instagram ist ein visuelles Netzwerk: Instagram ist für abstrakte, nicht-visuelle Inhalte nicht die optimale Plattform. Anders als beispielsweise Lebensmittel lassen sich Service-Leistungen nur schwer in vielfältigen, ansprechenden Bildern darstellen. Da das Bild im Fokus steht, können Produktionskosten höher ausfallen. Doch wer Instagram professionell nutzen will, muss auf die entsprechende Qualität achten.
Es ist eine Mobile App: Die Inhalte können inzwischen auch in einer Desktop-Browser-Version angezeigt und nach Hashtags durchsucht werden, das Veröffentlichen von Bildern ist jedoch nur auf mobilen Endgeräten möglich. Zwar gibt es erste Ansätze von Drittanbietern, eine offizielle Option von Instagram bleibt noch abzuwarten.
Für Gutscheincodes oder Promotionen weniger geeignet: Instagram ist nicht die ideale Plattform für Inhalte mit „Ablaufdatum“. Eine Ausweichmöglichkeit sind Dark Posts: Als Werbeanzeigen an User ausgespielt, erscheinen diese Inhalte nicht auf dem eigenen Profil. Dies ist entsprechend nur mit hinterlegtem Mediabudget möglich, dennoch eine gute Alternative für zeitlich limitierte Aktionen.
Die Konkurrenz ist gross: Werbetreibende lieben die Plattform, entsprechend gross ist die Masse an verfügbaren Inhalten. Um bei Instagram Aufmerksamkeit zu erregen, muss man sowohl auf guten, passenden Content als auch auf Mediabudget setzen.
Welche App für welches Unternehmen?
Beide Social Apps haben ihre Stärken und Schwächen. Welches soziale Netzwerk am besten zum eigenen Unternehmen passt, muss individuell festgelegt werden. Auf jeden Fall sollten sich Unternehmen überlegen, welche Ziele sie mit der Eröffnung eines neuen Accounts verfolgen und wie der neue Kanal im Zusammenspiel mit den bestehenden Kommunikationskanälen am besten funktioniert.
Wo punktet Snapchat?
Snapchat gewinnt zwar immer weiter an Bedeutung, ist als Marketingkanal allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll. Das Gewinnen von Followern erfolgt hier nicht über die Nutzung von Werbeanzeigen innerhalb der Plattform wie etwa bei Facebook, sondern muss über andere Kanäle stattfinden. Daher bietet es sich an, Snapchat vor allem als Ergänzung zu bereits eingesetzten sozialen Netzwerken zu nutzen. Hat ein Unternehmen beispielsweise bereits eine grosse Fanbasis auf Facebook, so kann über das Posten des Snapcodes auf die neue Präsenz aufmerksam gemacht werden.
Beim Snapchat-Marketing liegt der Fokus eher darauf, mit den Followern in Dialog zu treten, von Events oder Behind the Scenes zu berichten, auf Augenhöhe zu kommunizieren und mit den Usern zu interagieren. Snapchat eignet sich besonders für Marken, die sich als cool, spontan und jung positionieren und somit eine jüngere Zielgruppe ansprechen wollen. Snaps und Stories können ‹quick & dirty›, sprich: ressourcensparend produziert werden, Hauptsache kreativ.
Auch für zeitlich begrenzte Kampagnen lässt sich die App hervorragend einsetzen, da die Inhalte nach maximal 24 Stunden wieder verschwinden. Der Erfolg der Kampagnen hängt allerdings auch von der Anzahl Follower ab, denn nur die bekommen die Inhalte zu sehen – und auch nur dann, wenn sie diese aktiv anklicken. Zudem dürfen Marketingtreibende nicht zu stark auf unterstützende Features hoffen: Die meisten Snapchat-Updates bringen zurzeit vor allem für die einzelnen User Vorteile mit sich. So wurden beispielsweise unter dem Namen „Snapchat 2.0“ einige neue Features zu den Chat-Funktionen für Video- und Audio-Chats lanciert.
Wer diese Punkte beherzigt, kann sich ohne Risiko auf Snapchat austoben, denn wenn man mal mit einer Story daneben greift, ist sie am nächsten Tag auch schon wieder vergessen.
Was spricht für Instagram?
Grundsätzlich ist Instagram für Marken empfehlenswert, die visuelle Produkte anbieten und diese in einem ästhetischen Umfeld präsentieren wollen. Produkte lassen sich sehr gut im Nutzungskontext in Szene setzen. Ideal ist die App auch für personalisierte Beiträge (etwa Behind the Scenes). Das Bild beziehungsweise Video steht im Zentrum des Interesses und weniger der Text, daher sollten für die Produktion entsprechende Ressourcen eingeplant werden.
Geht es um Branding und im Endeffekt darum, das Markenimage durch bleibende, emotionale Inhalte zu beeinflussen, ist Instagram sicherlich die erste Wahl. Ebenso machen die grosse Reichweite sowie die klickbaren Hashtags, die zur Produktsuche eingesetzt werden können, das soziale Netzwerk besonders attraktiv. Auch die Betreiber der Plattform unterstützen den Trend der zunehmenden Nutzung von Instagram zu Marketingzwecken und lernen aus den Erfahrungen von Facebook: Viele Neuerungen unterstützen Unternehmen und Marketingtreibende. Beispielsweise werden in Kürze Business Accounts lanciert, die bereits grundlegende Analytics und Nutzungszahlen bieten.
Die Verbindung mit Facebook kommt Unternehmen insbesondere auch beim Einsatz von Werbeanzeigen zugute. Die Ads können bequem auf mehreren Plattformen geschaltet werden und bieten eine Vielzahl an Targeting-Möglichkeiten. Die Vorschlagfunktion innerhalb der App ermöglicht es, auch bei Nicht-Followern Aufmerksamkeit zu erregen. Das Handling ist zudem recht einfach, auch dank der Möglichkeit, mehrere Accounts über die App zu managen.
Ein kleiner Ausblick
Mit Snapchat sind der Kreativität fast keine Grenzen gesetzt, nur zeitliche. Instagram ist aktuell etwas etablierter und ging im Sommer 2016 mit der Lancierung von Instagram Stories in die Offensive. Es wird sich zeigen, ob die Facebook-Tochter der Beliebtheit von Snapchat durch die Integration ähnlicher Funktionen einen Abbruch tut oder ob Snapchat mit Weiterentwicklungen nachzieht und so den Rückstand bei den Nutzerzahlen aufholt. Interessant für professionelle Accounts wäre beispielsweise die Möglichkeit, das Thema einer gemeinschaftlichen Story selber bestimmen zu können, so wie Snapchat dies bei Themen des öffentlichen Interesses regional anbietet (wie etwa Olympische Spiele, Paris-Sightseeing, Nationalfeiertage).
Fest steht: Es bleibt spannend!
Und welche App passt zu ihrem Unternehmen?
Finden Sie es mit unserer Checkliste heraus (hier als pdf) oder kontaktieren Sie uns. Das Social Media Team der Goldbach Interactive berät Sie gerne.
Dieser Beitrag ist im Jahrbuch Marketing 2017 (Lovemarks) erschienen.